Jedes sechste Kind in Deutschland ist übergewichtig. Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, will Werbung für ungesunde Lebensmittel verbieten. Doch die Süßwarenindustrie ist dagegen.
Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir, will, dass Werbung für ungesunde Lebensmittel für Kinder zwischen 6 und 23 Uhr in Fernsehen, Radio oder Internet verboten wird. Das Redeverbot soll laut dem Minister auch für Social-Media-Phänomene gelten. Außerdem sollten Werbebanner für süße, fettige oder salzige Lebensmittel in ansprechender Verpackung nicht in der Nähe von Schulen, Kindergärten und Spielplätzen erlaubt sein.
Özdemir sagte bei der Vorstellung seiner Pläne zum Thema vergangene Woche in Berlin: „Wir müssen dafür sorgen, dass Kinder gesünder aufwachsen. Das ist von unschätzbarem Wert im Umgang mit Übergewicht und anderen ernährungsbedingten Erkrankungen Auswirkungen auf das Essverhalten von Kindern.“
„Werbung ist in der Wirtschaft unverzichtbar!“
Vertreter der Lebensmittelindustrie in Deutschland bestreiten dies jedoch. Carsten Bernoth, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI), argumentiert, dass das Werbeverbot nicht dazu führen wird, dass Kinder weniger Junk Food essen: „Werbung ist in der Marktwirtschaft unverzichtbar um Marktanteile von anderen Wettbewerbern zu gewinnen.“ Die deutschen Süßwarenhersteller machten im vergangenen Jahr einen Umsatz von 14 Milliarden Euro. Sie haben ungefähr eine Milliarde Euro für Werbung ausgegeben.“
Bernoth befürchtet, dass Özdemirs Pläne zu einem fast vollständigen Werbeverbot für die Süßwarenbranche führen werden. Denn auch Anzeigen, die für Erwachsene bestimmt sind, aber wahrscheinlich von Kindern gesehen werden, fallen unter das geplante Verbot. Bernoth: „Wir setzen uns dafür ein, dass der Verbraucher eine freie und bewusste Wahl treffen kann. Wissen und Aufklärung sind der Schlüssel dazu. Es ist nicht Aufgabe des Staates, Bedingungen oder Verbote zu stellen.“
Positives Beispiel: Chile
Kann ein Werbeverbot, wie es Özdemir anstrebt, Kinder wirklich vor ungesunden Lebensmitteln schützen? Anette Buyken, Professorin für Public Health Nutrition an der Universität Paderborn, sagte der DW, dass die Informationen zu dieser Wette spärlich seien: „Das eigentliche Problem ist, dass es nur sehr wenige Länder gibt, die diese Maßnahmen umgesetzt und eine umfassende und organisierte Aktivitätsstudie durchgeführt haben davon.“
Und doch verweist er auf Chile als eines der wenigen positiven Beispiele. Chile hat seit 2016 die weltweit strengsten Regeln für die Werbung für Süßigkeiten für Kinder durchgesetzt. Neben dem Werbeverbot ist vorgesehen, ungesunde Lebensmittel ähnlich wie Zigaretten mit Warnhinweisen zu kennzeichnen. Dabei verwendet er die Worte „Dank dieser Anwendung ist es uns möglich geworden, die Veränderungen der Lebensmittelpräferenzen zu beobachten und zu analysieren“.
Die Zahl übergewichtiger Kinder und Jugendlicher hat in den letzten Jahren in vielen Ländern rapide zugenommen. Laut Robert-Koch-Institut ist etwa jedes sechste Kind in Deutschland übergewichtig oder fettleibig. In der Mitte der 11- bis 13-Jährigen steigt diese Rate auf 20 Prozent.
Die Essgewohnheiten haben sich während des Pandemieprozesses geändert
Ernährungswissenschaftlerin Andrea Gerschlauer, die hofft, dass Werbung für ungesunde Lebensmittel in Deutschland tatsächlich verboten wird, und sagt, dass einige Kinder seit der Corona-Epidemie in kurzer Zeit schnell zugenommen haben, sagte: „Ich denke, dass da ein Kontakt mittendrin ist Gewicht, wobei Kinder dabei mehr fernsehen. Menschen sehen oft fern. „Sie essen oft einen Snack. Da sie immer die Werbung für zuckerhaltige Snacks sehen, ist es für Kinder sehr schwierig, ihre Lust auf etwas Süßes loszuwerden. Besonders betroffen von dieser Situation sind Kinder aus sozial benachteiligten Familien.“
Gerschlauer fordert weitere Schritte nach dem Werbeverbot. Indem er zum Beispiel höhere Steuern auf ungesunde Lebensmittel wie Zigaretten oder eine Senkung der Mehrwertsteuer auf gesunde Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Getreide und Hülsenfrüchte vorschlägt, setzt er seine Worte wie folgt fort: „Sonst droht uns ein großes Problem in 30 Jahren: „Wenn so viele übergewichtige Kinder aufwachsen, werden sie einem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck und andere Ernährungskrankheiten ausgesetzt sein.
Reaktion des Koalitionspartners Liberale
Auch auf den Werbeverbotsvorschlag von Özdemir reagierte die Koalition. „Mehr Bürokratie und mehr Verbote bedeuten weniger Innovation und weniger Lebensqualität“, schreibt Gero Hocker, agrarpolitischer Sprecher der FDP, in seinem Twitter-Post.
Was denken Kinder und Jugendliche in Deutschland über das geplante Werbeverbot? Gymnasiasten im südlichen Bonner Stadtteil Südstadt genießen an einem sonnigen Märztag ihre Mittagspause. Eine große Gruppe von Schülern eilt schnell zum Supermarkt gegenüber der Schule. Wenig später kehren die Jugendlichen mit Schokoladenkeksen, Limonaden, Chips und Keksen in der Hand in die Schule zurück.
Der 18-jährige Noah hängt am Set herum. Er hat weder Süßigkeiten noch Limonade: „Ich finde, die Werbung für ungesunde Dinge sollte verboten werden. Die Zahl der Übergewichtigen nimmt immer mehr zu. Ich sehe das jeden Tag in der Schule.“ Der junge Mann in der schwarzen Jacke hat es eilig, denn sein Unterricht beginnt gleich. Bevor wir das Schulgebäude betreten, hören wir folgende Sätze: „Ich bin Sportler. Ich versuche, mich von zuckerhaltigen Lebensmitteln fernzuhalten.“
In Anzeigen werden jedoch meist Schokolade und süße Snacks beworben. Es mag köstlich und angenehm zu essen sein, aber diese Art von Lebensmitteln enthält durchschnittlich 52 Prozent Zucker.
T24